ADHS in den Wechseljahren = ADHS²

Mrz 8, 2024 | 0 Kommentare

Dieser Beitrag anlässlich des Weltfrauentages richtet sich nicht nur an Frauen in den Wechseljahren, sondern an Männer und Frauen jeden Alters, denn dieses Thema betrifft uns direkt oder indirekt irgendwann alle. Und leider befindet sich nicht nur ADHS noch immer in der gesellschafltichen „Schmuddelecke,“ sondern auch die Menopause oder eigentlich alles, was mit dem weiblichen Zyklus zu tun hat. Wenn dann beides aufeinandertrifft, stehen Frauen meist sehr alleine und sehr ratlos vor vielen Problemen.

Neulich erzählte mir eine Frau, dass sie sich schon große Sorgen gemacht hatte, ob sie womöglich gerade dabei war dement zu werden. Vergesslich war sie aufgrund ihrer ADHS schon immer gewesen, doch nahm ihre Vergesslichkeit mit zunehmendem Alter so extreme Ausmaße an, dass ihr Alltag immer massiver beeinträchtigt war. Es stellte sich heraus, dass sie in der Perimenopause steckte, im Anfangsstadium ihrer Wechseljahre, in denen viele Frauen über mangelnde Konzentration, Vergesslichkeit, Schlafprobleme und Reizbarkeit klagen. ADHS ist eine Herausforderung, in den Wechseljahren zu stecken eine weitere, die erstaunlich viele Symptome mit ADHS teilt. Tja, und beide zusammen können frau zu Fall bringen.

Leider wird darüber nicht viel geredet. Die Wechseljahre werden vor allem mit Hitzewallungen und Müdigkeit in Verbindung gebracht. „Da muss nun mal jede durch.“, heißt es. Kaum wird darüber informiert, was genau im weiblichen Körper passiert, wenn das Ende der Fruchtbarkeit naht. Frauen unterhalten sich in der Regel auch eher nur mit guten Freundinnen oder hinter vorgehaltener Hand über ihre Wechseljahre. Das Thema ist nach wie vor schambehaftet, obwohl es absolut ALLE Frauen irgendwann betrifft. Ich finde das erstaunlich.

Genau wie beim Thema ADHS verblüfft (und verärgert) es zudem, dass Ärzt:innen – sogar Gynäkolog:innen – häufig nicht oder nicht genügend über die stattfindenden Prozesse informieren und diese begleiten, nicht selten selbst nicht ausreichend informiert sind. In Eigenregie kümmern sich viele Frauen nun darum (meist nach der Lektüre des Buches „Woman on Fire“ von Dr. Sheila de Liz oder durch den Tip einer Freundin), ihren Hormonstatus überprüfen zu lassen in der Hoffnung, Hormonmängel und die damit verbundenen gesundheitlichen Einschränkungen beheben zu können.

Häufig kann dann ein Östrogen- oder Progesteronmangel festgestellt und ausgeglichen werden, was zu besserem Schlaf, weniger Reizbarkeit, besserer Konzentration und allgemeinem Wohlbefinden führen kann. Es kommt auch vor, dass Ärzt:innen nur die weiblichen Geschlechtshormone betrachten, obwohl auch Frauen „männliche“ Hormone brauchen. Ist deren Wert zu niedrig, kann dies Antriebslosigkeit, Libidoverlust, depressive Verstimmungen, Muskelabbau und eine Zunahme am Bauch verursachen. Wird ein hormonelles Ungleichgewicht nicht in Erwägung gezogen, suchen viele Frauen in ihrer Not Psychotherapeuten auf, erhöhen die Dosis ihres ADHS-Medikaments oder nehmen Antidepressiva. Andere finden sich einfach damit ab, sich völlig kraftlos durch den Alltag zu schleppen.

Gerade Frauen mit ADHS sollten immer in Erwägung ziehen, dass eine Verschlechterung ihrer Symptome hormonelle Gründe haben könnte. Auch Vitamin- und Mineralstoffmängel gilt es jederzeit zu vermeiden und auszuschließen, da wir Gefühle und körperliches Unwohlsein ungefilterter wahrnehmen und besonders dramatisch darunter leiden. Diese Empfindsamkeit für unsere inneren Prozesse erklärt auch, warum die meisten Frauen mit ADHS die hormonellen Schwankungen in ihrem Zyklus besonders stark wahrnehmen, was sich wiederum hefitg auf ihre ADHS-Symptomatik auswirken kann. Auch hier stecken Forschung und medizinische Aufklärung und Versorgung noch in ihren Kinderschuhen.

Ich wünsche dir noch einen großartigen internationalen Frauentag!!! Lasst uns viel mehr über unsere Belange reden und uns dafür einsetzen, dass Frauen mit und ohne ADHS auch im medizinischen Bereich keine Randerscheinung bleiben!

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte dich auch interessieren

Gemeinsam

Gemeinsam

Das Wort "Selbsthilfe" hat ja für viele eine irgendwie abschreckende Wirkung. Vielleicht liegt das an der medialen Darstellung und alten...

mehr lesen
Die Jagd nach dem Dopamin

Die Jagd nach dem Dopamin

Back to the roots Der amerikanische Wissenschaftler Thom Hartmann verglich vor vielen Jahren (2004) in seinem Buch „ADHS als Chance...

mehr lesen
Vom Reden und Zuhören

Vom Reden und Zuhören

Auf meiner gestrigen Autofahrt zurück von einer ADHS-Tagung in Bayern hatte ich viel Zeit über ein Phänomen nachzudenken, das, wie ich...

mehr lesen
Vom Flämmchen zum Lauffeuer

Vom Flämmchen zum Lauffeuer

Vor zwei Tagen hat die erste Hälfte meiner Fortbildung „ADHS/ADS in Schule und Unterricht“ in der Fabi in Bocholt stattgefunden. Seitdem...

mehr lesen